"Utopien in utopiefernen Zeiten. Zukunftsdiskurse am Ende der fortschrittlichen Moderne"

Radiobeitrag

In Zeiten von Dauerkrise und Untergangslust: Wie ist eine wünschenswerte Zukunft überhaupt noch vorstellbar? Emanuel Herold, Geschäftsführer der Europa Union Bremen, spricht im ORF Interview über sein jüngst erschienenes Buch "Utopien in utopiefernen Zeiten. Zukunftsdiskurse am Ende der fortschrittlichen Moderne".

Portrait von Emanuel Herold

Ob beim Thema Demokratie, Digitalisierung oder Klimawandel: Verfolgt man öffentliche Debatten, scheinen die Vorzeichen auf Katastrophe zu stehen. Die Omnipräsenz dystopischer und postapokalyptischer Narrative ist Ausdruck eines nervösen Zeitgeistes. Unsere Zeit sei keine für Utopien, meinen auch die Sozialwissenschaften.

Vor diesem Hintergrund legt Emanuel Herold ein unzeitgemäßes Plädoyer vor: für die Wiederentdeckung der Tradition der literarischen Utopie. Sein Buch rekonstruiert zunächst anhand wirkmächtiger theoretischer Texte die blinden Flecken der deutschen Utopiekritik. Vergleichende Fallstudien zeigen dann die Wandelbarkeit literarischer Utopien vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Texte von William Morris, Marge Piercy oder Kim Stanley Robinson versuchen stets, den Krisen ihrer Zeit ein Wissen um Möglichkeiten abzuringen, wobei sie ihre Darstellungsformen kritisch reflektieren.

In einer Gesellschaft, die den Glauben an unaufhaltsamen Fortschritt hinter sich gelassen hat, erlaubt die Auseinandersetzung mit der Utopietradition, darüber nachzudenken, wie wir uns in der Zeit neu verorten können - ohne passiv an Zukunftsverlust zu leiden oder uns nach falschen Vergangenheiten zu sehnen.

Emanuel Herold ist Geschäftsführer der Europa-Union Bremen und regelmäßig Gast in der Veranstaltungsreihe "Europa-Quartett" der Heinrich-Böll-Stiftung Bremen. Gemeinsam mit Ulrike Guérot, Tom Kehrbaum und Oskar Negt veröffentlichte er 2018 das Buch "Europa jetzt! Eine Ermutigung".

Im Juli 2020 erschien sein zweites Buch "Utopien in utopiefernen Zeiten. Zukunftsdiskurse am Ende der fortschrittlichen Moderne". Im ORF Interview spricht er über seine Veröffentlichung. Jetzt auf Spotify anhören!